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Strafrecht: Wirtschaftstreibende befürchten neue Einbruchswelle

Am 1.1.2016 ist das Strafrechtsänderungsgesetz 2015 in Kraft getreten In nahezu raffiniert verschleiernder Weise werden im Ministerialentwurf Einbrüche bei Wirtschaftstreibenden verharmlost, indem deren Unwertgehalt bagatellisiert wird.

Unverändert bleibt nur der "einfache Diebstahl", der mit einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen bedroht ist, Die nächste Form, nämlich der "schwere Diebstahl" sieht in Zukunft bei einer Beute von über 5.000 € eine dreijährige, bei einer von über 300.000 € eine Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren vor.

 

Es ist leicht erkennbar, dass die Anhebung der Wertqualifikationen bei Vermögensdelikten nicht linear erfolgen soll. Die erste Strafstufe wird mit 5.000 € (bisher 3.000 €) überschritten, die zweite mit 300.000 € (bisher 50.000 €), die erste also nicht einmal verdoppelt, die zweite dafür versechsfacht! Diese ungleiche Gewichtung springt ins Auge. 

Sie wird nicht nur gewaltige Auswirkungen auf die Strafhöhen, sondern auch - was nicht unterschätzt werden darf - auf das Prozessrecht haben. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass die exorbitante Anhebung der zweiten Wertqualifikation von einem wirtschaftlichen Kalkül, nämlich dem Wunsch auf Entleerung der Gefängnisse getragen ist. Denn ein Vermögensschaden von mehr als 300.000 € kommt ohnedies nur bei wenigen spektakulären Wirtschaftsstraffällen, bei Diebstählen aber fast nie vor. Das Gros solcher Fälle kommt nicht einmal in die Nähe einer solchen Summe.

Eine 300.000 € übersteigende Beute werden neben dem gewerbsmäßigen Einbruch in Wohnungen sowie dem gewerbsmäßigen Begehen von Einbruchdiebstählen, bei dem die Täter Waffen führen, die einzigen Fälle eines Diebstahls sein, bei denen der Dieb eine Freiheitsstrafe von bis zu 10 Jahren zu befürchten haben wird.

Ein Diebstahl durch Einbruch wird (außer wenn er in eine Wohnstätte oder mit einer Waffe erfolgt) nur mehr mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren geahndet. Nur der Einbruch in eine Wohnstätte oder mit einer Waffe wird weiterhin eine Freiheitsstrafdrohung von sechs Monaten bis zu fünf Jahren haben. Hier ist die Begründung der Regierungsvorlage sehr originell: Den Einbrüchen in Lagerhallen, Büros und Kanzleien sowie dem Aufbrechen von Behältnissen (also auch Tresoren!) kommt kein so hoher Unwertgehalt zu, wie den Einbrüchen in Wohnstätten. Künftige Täter werden daher gut beraten sein, statt in Wohnungen mit ohnedies meist geringer Beute lieber in Banken und bei Juwelieren einzubrechen. 

Änderungen ergeben sich beim gewerbsmäßigen Diebstahl: Voraussetzung ist zwar wie bisher, dass der Täter mit der Absicht handelt, sich durch die Tathandlung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen. Neu ist, dass dies längere Zeit hindurch geschieht und dass der Täter nicht nur die Erzielung geringfügiger Einnahmen anstrebt. Der Gesetzgeber versteht darunter ein Monatseinkommen von mehr als € 400,- Dazu kommen weitere Voraussetzungen : Der Täter muss unter Einsatz besonderer Fähigkeiten oder Mittel agieren, die eine fortlaufende Begehung nahelegen ( z.B. besonderes Einbruchwerkzeug, präparierte Behälter für den Abtransport des Diebsgutes etc.) oder der Täter muss zumindest zwei solcher Tathandlungen bereits geplant haben oder er muss zumindest zwei solcher Taten begangen haben bzw. zumindest wegen einer solchen Tat bereits verurteilt worden sein. Die Strafdrohungen für gewerbsmäßigen Diebstahl wurden reduziert: Für einen nicht qualifizierten Diebstahl oder wenn der Täter Mitglied einer kriminellen Vereinigung ist, beträgt die Strafdrohung bis zu drei Jahren (bisher 6 Monate bis 5 Jahre). Begeht der Täter einen gewerbsmäßig schweren Diebstahl oder gewerbsmäßig einen Diebstahl in ein Lager, Büro oder Geschäft, beträgt die Strafdrohung von sechs Monaten bis zu 5 Jahren (bisher von 1 – 10 Jahren). Nur der gewerbsmäßige Diebstahl in Wohnungen durch Einbruch oder Einbruchdiebstähle, wo ein Täter mit Wissen der anderen Beteiligten eine Waffe führt, sind unverändert mit Freiheitsstrafe von 1 – 10 Jahren bedroht. 

Fazit: Teilweise kommt es zu beträchtlichen Reduktionen der Strafe. Täter eines Einbruchdiebstahls in ein Juweliergeschäft, die Uhren und Juwelen im Gesamtwert von € 100.000,- erbeuten mussten bisher mit einer Freiheitsstrafe von 1 – 10 Jahren rechnen.

Ab 1.1.2016 beträgt die Höchststrafdrohung in diesem Fall maximal 3 Jahre! 

Selbst wenn den Tätern das Handeln mit gewerbsmäßiger Absicht zur Last fällt beträgt die maximale Strafdrohung 5 Jahre Freiheitsstrafe, statt bisher bis zu 10 Jahren.

Die Reform wird daher zur Verhängung von geringeren Strafen bei Diebstählen führen als bisher, was von ihren Schöpfern durchaus gewollt scheint. Wenn das zu einer "Umleitung" von Wohnungseinbrüchen auf lukrativere Juwelier- und Büroeinbrüche führen sollte, wäre das allerdings rechtspolitisch fragwürdig. 

Mag. Liane Hirschbrich LL.M. ist Rechtsanwältin in Wien

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